OLG NRW: Vorratsdatenspeicherung verstößt gegen EU-Recht

Die Pflicht zur Speicherung von Verkehrs- und Standortdaten für TK-Anbieter, die ab dem 1. Juli wieder gilt, ist nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen nicht mit EU-Recht vereinbar.

Bereits Ende 2015 hatte die Bundesregierung eine neue Vorratsdatenspeicherung auf den Weg gebracht, die TK-Anbieter ab dem 1. Juli dieses Jahres verpflichtet, die Verkehrsdaten ihrer Kunden für zehn und die Standortdaten für vier Wochen auf Vorrat zu speichern, um sie Behörden etwa für die Strafverfolgung zur Verfügung stellen zu können. Kurz vor Beginn der Speicherpflicht hat der Provider Spacenet nun einen Sieg vor dem Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in Münster erzielt, der die Kritiker bestätigt: Auch das OLG sah es als erwiesen an, dass die deutsche Regelung nicht mit EU-Recht vereinbar ist.

Im vergangenen Dezember hatte der Europäische Gerichtshof noch einmal klargestellt, dass nicht pauschal die Daten der elektronischen Kommunikation fast aller Telefon- und Internet-Nutzer erfasst werden dürfen. Es müsse vorab ein beschränkter Personenkreis definiert werden, der im Zusammenhang mit schweren Straftaten oder einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit stehe. Anlasslos alle Daten zu speichern und dann nur bei der Verfolgung von Straftaten oder Terroranschlägen darauf zuzugreifen, sei nicht zulässig.

Mit seinem Beschluss hat das OLG eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln kassiert. Dort hatte Spacenet, unterstützt vom Verband der Internetwirtschaft eco, einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung eingereicht, mit dem Ziel, die Speicherverpflichtung auszusetzen, bis über eine gleichzeitig eingereichte Klage entschieden ist. Diesen Antrag hatte das VG zu Jahresbeginn abgelehnt, doch das OLG gab der Beschwerde nun statt. Der Beschluss ist nicht anfechtbar. Damit haben die Gegner der Vorratsdatenspeicherung ein wichtiges Etappenziel erreicht, ihr Hauptanliegen bleibt jedoch, die Speicherpflicht durch eine Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder des Europäischen Gerichtshofs endgültig zu stoppen.

»Es ist schön zu sehen, dass wir mit unserer Klage und dem Eilantrag den richtigen Weg gegangen sind. Auch wenn das Gericht formal zunächst nur über den Eilantrag entschieden hat, findet sich in der Urteilsbegründung einiges, was den Ausgang der Sache zu Gunsten der Position der Spacenet AG präjudiziert«, erklärte Spacenet-Vorstand Sebastian von Bomhard. »Das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung verpflichtet uns, alle Verbindungsdaten unserer Kunden zu speichern und gegebenenfalls Polizei, Staatsanwaltschaft oder Verfassungsschutz darüber Auskunft zu geben. Das ist ein Vertrauensbruch, zu dem wir genötigt werden sollen und dem wir freiwillig niemals zustimmen werden.«

Was ist mit anderen TK-Anbietern?

Allerdings gilt der Beschluss des OLG derzeit nur für Spacenet – alle anderen TK-Anbieter sind weiterhin verpflichtet, die Vorratsdatenspeicherung umzusetzen. Die dafür notwendigen Investitionen wären allerdings umsonst, sollte das Gesetz wie von den Gegnern geplant, gestoppt werden. Dementsprechend betont etwa Matthias Bäcker, Universitätsprofessor für Öffentliches Recht und Verfasser der Klageschrift: »Das Oberverwaltungsgericht hat ausdrücklich ausgeführt, dass die Vorratsdatenspeicherung generell europarechtswidrig ist. Jetzt sollte die Bundesnetzagentur gegenüber allen Telekommunikationsunternehmen klarstellen, dass sie die Daten nicht speichern müssen, bis über die Klage endgültig entschieden ist.«

Ähnlich sieht es eco-Vorstand Oliver Süme: »Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen ist der erste Schritt in die richtige Richtung. Aber jetzt ist es an der Zeit für eine Grundsatzentscheidung, um die Vorratsdatenspeicherung endgültig zu stoppen, andernfalls laufen die Unternehmen Gefahr, ein europarechts- und verfassungswidriges Gesetz umsetzen zu müssen und damit Gelder in Millionenhöhe in den Sand zu setzen.«