Smart City Barcelona: Die Daten gehören den Menschen
Barcelona ist in Europa Vorreiter beim Thema Smart City. Allerdings plant die Stadtverwaltung ohne große IT- und Internet-Anbieter. Francesca Bria, die verantwortliche Leiterin, will so die Privatisierung der Daten verhindern und sie vielmehr als gesellschaftliches Vermögen behalten und auswerten.
“Es gibt keine digitale Revolution ohne Demokratie”, sagte Francesca Bria, Chief Technology and Digital Innovation Officer der Stadt Barcelona, auf einer Podiumsdiskussion während der Konferenz Re:publica 17 diese Woche in Berlin. “Deshalb denken wir die Digitalisierung Barcelonas zunächst aus der Sicht der Bürger – und starten bei unseren Überlegungen ben nicht mit der Technologie und dem was theoretisch möglich wäre.”
Der spanische Staat hat die Digitalisierung der Städte beschlossen und die Richtlinien dafür vorgegeben. Doch die Verantwortung für die Umsetzung liegt bei den einzelnen Stadtverwaltungen. Gemeinsam mit ihrem Team überdenkt Bria seit ihrer Ernennung vor fast genau einem Jahr, die bisherige Smart-City-Agenda. “Wir überlegen uns, was die Bürger wirklich brauchen. Von da aus starten wir.”
Das Ziel sei es, die Infrastruktur eigenständig aufzubauen und sie selber zu betreiben. “Wenn die Plattform steht, geben wir Unternehmen aus Barcelona und der Umgebung die Möglichkeit, ihre Software und ihre Apps hier anzubieten.”
Damit sieht sie sich im Widerspruch zu den Angeboten der großen IT-Hersteller. “Smart City ist ein im Grunde ein Konzept, dass sich die Anbieter auf Grund ihrer Technologien ausgedacht haben”, erklärt Bria. Indirekt haben das die Analysten von Gartner schon vor rund zwei Jahren bestätigt.
Fazit ihrer umfasenden Smart-City-Studie war schon damals: “Die größte Erkenntnis ist, dass die meisten Investitionen in das Internet der Dinge in Städten von der Industrie und Wirtschaft kommen und nicht vom öffentlichen Sektor getätigt werden.” Dies bedeute allerdings auch, dass sich die Wirtschaftlichkeitsberechnungen an betriebswirtschaftlichen ausgerichtet werden und daher Dienstleister mit Netzwerkbetreibern zusammenarbeiten, “um die richtigen Daten, und nicht nur Massendaten, aus dem IoT zu erhalten und zügig sowie marktorientiert intelligente Dienste anzubieten.”
Hier grätscht Bria dazwischen: “Aber so denken wir nicht. Die Technologie ist ganz sicher ein Teil einer smarten Stadt. Aber wir denken, dass die Demokratie die Technologie führen soll – und nicht umgekehrt.” Damit geht sie noch über die von Gartner vor zwei Jahren aufgestellte Forderung hinaus, dass Kommunen und Stadtverwaltungen die “große Aufgabe der Governance” zufallen müsse.
Um die zu erfüllen, müüssten die Kommunen “Grundsatzentscheidungen über Datenbesitz, Identitätsmanagement von Daten, Persönlichkeitsrechten, dem Stand von Urheberrechten und Lizenzkriterien, sowie der Förderung von wissensbasierten Innovationen durch gleichberechtigten Zugriff und Verständnis von Kerndaten und Informationen” treffen.
Diese Grundsatzentscheidungen hat Barcelona offenbar bereits getroffen: Die Provider seien als Partner der Stadt herzlich willkommen, erklärt Bria. “Aber wir werden uns nicht von den Providern abhängig machen. Oder uns von ihnen die Regeln diktieren lassen.”
Die Entscheidung in Barcelona sei, dass sich die Politik gegen die Disruption der Stadt und für eine “technische Souveränität” ausgesprochen habe. “Wir wollen Nachhaltigkeit, soziales Wohnen, schlaue Verkehrsteuerung”, betont Bria. “Deshalb werden wir nicht mit Plattformen wie Uber oder AirBnB arbeiten und damit die Daten der Stadt an Unternehmen herausgeben.” Denn sie sei der Überzeugung, dass die Daten der Stadt den Menschen gehören: “Daten dürfen nicht privatisiert werden!”