Boston Consulting Group: Deutsche fühlen sich beim Datenschutz belogen

Der Handel mit angeblich anonymisierten Daten boomt. Und die Mehrheit der deutschen Verbraucher bezweifelt, dass damit ordentlich umgegangen wird.

Datenschutz liegt den Deutschen am Herzen. Egal ob Linkedin, Twitter oder Yahoo – Verbraucher wollen ihre sensiblen Daten gesichert wissen. Doch Unternehmen scheinen dieses Bedürfnis zu unterschätzen und ahnen nicht welche weitreichenden Konsequenzen Datenmissbrauch für sie ­haben kann: 71 Prozent der Deutschen würden einem Unternehmen, dem sie nicht vertrauen, den Zugriff auf ihre Daten verweigern. Das geht aus der Verbraucherstudie »Big Data & Trust Consumer Survey« der Boston Consulting Group (BCG) hervor. Dazu befragt wurden 8.000 Konsumenten aus Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Großbritannien und den USA. Des weiteren schätzt die BCG den potenziellen Umsatzrückgang im Jahr nach dem Bekanntwerden eines Missbrauchs auf bis zu acht Prozent. Im zweiten Jahr sind Einbußen von bis zu fünf Prozent denkbar.

»Datenschutz ist für Verbraucher eine ernste Angelegenheit. Mit jedem bekannt werdenden Missbrauch steigt die allgemeine Verunsicherung. Gelingt es den Unternehmen jetzt nicht, nachhaltig Vertrauen zu schaffen, wird es zunehmend schwieriger für sie, das enorme wirtschaftliche Potenzial ihrer Kundendaten zu nutzen«, erklärt Joachim Stephan, Senior Partner bei BCG und Experte für Technologie, Medien und Telekommunikation. Immerhin, so die BCG, betrage das weltweite Marktpotenzial sicherer Datennutzung etwa 940 Milliarden Euro pro Jahr bis 2020. Dass die Verbraucher verunsichert sind, zeigt sich auch darin, dass sich mehr als die Hälfte der Deutschen bei der Verwendung ihrer Daten von den Unternehmen belogen fühlen und bezweifeln, dass Unternehmen korrekt mit den überlassenen Daten umgehen.

Hälfte der Deutschen ist misstrauisch

So geht aus der Umfrage hervor, dass die Hälfte der Deutschen einen Datenmissbrauch befürchten. Noch misstrauischer sind die Franzosen mit 62 Prozent, gefolgt von Spanien (57 Prozent) und Großbritannien mit 53 Prozent. In den USA und Italien hingegen herrscht etwas weniger Skepsis. Besonders groß sind die Zweifel deutscher Kunden gegenüber sozialen Medien, Suchmaschinen und Mobilfunkanbietern. Als besonders sensible Daten gelten vor allem Finanz- und Steuerangelegenheiten sowie Kreditkarten-daten, aber auch Informationen über Ehepartner und Kinder sowie Gesundheitsdaten.

»Unternehmen unterschätzen die Bedeutung der Transparenz bei der Datennutzung. Zum Vertrauensbruch reicht es bereits, wenn Verbraucher merken, dass ihre preisgegebenen Daten für einen anderen Zweck genutzt werden als ursprünglich gedacht – also statt für einen Einkauf im Netz etwa auch für Marketingzwecke«, führt Stephan aus. Viele Verbraucher werten es beispielsweise als Vertrauensbruch, wenn die von ihnen preisgegebenen Daten für andere Zwecke als ursprünglich gedacht verwendet werden.Eine deutliche Diskrepanz zwischen Unternehmen und Verbrauchern gibt es auch bei der Einstufung elementarer Aktivi-täten. So gingen bei einer Befragung von 140 Unternehmen aus acht Branchen etwa 40 Prozent davon aus, dass es nicht ­nötig sei, die Kunden vor einer Personalisierung des Angebots um Erlaubnis zu fragen, während 88 Prozent der Verbraucher dies jedoch erwarteten.

Auch auf rechtlicher Seite müssen sich Unternehmen mit dem Thema auseinandersetzen, denn ab Mai 2018 werden Auskunftsrechte der Kunden, ihr Recht auf Datenlöschung und das Recht auf Datentransportabilität gestärkt. Dann tritt die EU-Datenschutz-Grundverordnung in Kraft und bildet die Grundlage für einen einheitlichen Datenschutz in allen 28 EU-Staaten.